Strafe muss sein! – Muss Strafe sein?, Teil 2

Man kann in ein Kind nichts hineinprügeln, aber vieles herausstreicheln.
Astrid Lindgren

Modische Trends, die keinem nützen

Im Moment erleben wir eine wahre Renaissance autoritärer Erziehungsmethoden: Mit Verboten (z.B. Fernsehverbot), Einsperren und dem so genannten „stillen Stuhl“ sollen Kindern Grenzen aufgezeigt werden. In TV-Sendungen wie „Die Super Nanny“ bzw. „Die Supermamas“ werden diese Relikte aus der pädagogischen Mottenkiste einem Millionenpublikum als Allround-Lösungen für schwierige Situationen im Erziehungsalltag ans Herz gelegt. Manch eine/r wird sich daran erinnern können, Stubenarrest bekommen oder zur Strafe in der Ecke gestanden zu haben. Sind wir dadurch bessere Menschen geworden? Hat es unseren Eltern das Erziehen erleichtert? Sicher nicht. Lesen Sie in diesem Artikel, wie selbst „schwierige“ Kinder unter Lob und Zutrauen aufblühen, kooperativer und umgänglicher werden.

Was bedeutet „Lob statt Strafe“?

„Ich kann mein Kind für falsches Verhalten doch nicht belohnen!“ sagen viele Eltern, wenn sie das erste Mal über den Grundsatz „Lob statt Strafe“ stolpern. Damit haben sie vollkommen Recht. Kinder brauchen Grenzen. Auf unakzeptables Verhalten reagiert man am besten mit natürlichen oder logischen Konsequenzen. Wir Eltern müssen uns im Klaren darüber werden, wo unsere persönliche Schmerzgrenze ist, d.h. was wir erlauben können und was nicht. Es tut Kindern gut, wenn ihre Eltern auf ähnliches Verhalten ähnlich reagieren: Was heute erlaubt ist, ist auch morgen erlaubt. Was heute verboten ist, wird auch morgen nicht toleriert. Nur das ist mit Konsequenz gemeint – kein Schimpfen oder Strafen. Das Prinzip „Lob statt Strafe“ ist eine echte Alternative zu einem vorwiegend strafenden Erziehungsstil. Es bedeutet, dass man gute Ansätze beim Kind mit gezieltem Lob fördern kann. Das bringt mehr als jede Strafe.

Lernen durch positive Verstärkung

Angelsachsen nennen es „catch them being good“, was ungefähr so viel heißt wie „Nutze jede Gelegenheit, ein Kind beim richtigen Verhalten zu ertappen“. Wie sonst sollte ein Kind herausfinden, dass es auf dem richtigen Weg ist, wenn wir es ihm nicht sagen? Wollen wir mehr von einem bestimmten Verhalten sehen, müssen wir das Kind dafür belohnen, z.B. in Form eines anerkennenden Wortes, einem Lächeln, ein paar Minuten unserer Zeit. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind das erwünschte Verhalten öfter zeigt. Jedes Kind möchte seinen Eltern Freude machen. Allerdings braucht es die Gewissheit, dass wir seine Bemühungen und Erfolge anerkennen. Wohlverhalten muss sich für das Kind lohnen. Erwachsene tun am liebsten die Dinge, die für sie von Vorteil sind. Warum sollte es bei unseren Kindern anders sein?

Viermal Lob für einmal Kritik

Wer ein Kind tadelt, sollte nachfolgend vier Gelegenheiten zum Loben nutzen. Sie glauben, dass Sie an Ihrem Kind selbst in einer Woche keine vier lobenswerten Verhaltensweisen finden können? Dann sollten Sie es künftig seltener kritisieren. Es nützt Kindern nichts, wenn wir ihnen sagen, was sie alles falsch machen. Dauerkritik schwächt das Selbstwertgefühl und verdeutlicht dem Kind nicht, was es stattdessen tun soll. Halten Sie nach vermeintlich Selbstverständlichem Ausschau: Hat ihr Kind seine Jacke aufgehängt? Dann hat es ein Lob verdient. Hat Ihr Kind etwas getan, das ihm schwer fällt? Dann ist ein größeres Lob fällig. Bewährt haben sich Punktepläne, mit denen sich Kinder für bestimmtes Verhalten Privilegien oder kleine Belohnungen verdienen können. So könnte ein Kind für einmal Zimmeraufräumen mit 30 Fernsehminuten belohnt werden. Das ist viel besser als das Androhen von Fernsehverbot für den Fall, dass das Kind nicht aufräumt. Es motiviert, es verschafft dem Kind Erfolgserlebnisse und es erspart uns Eltern Schimpfen und Strafen. Probieren Sie es aus!

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