Probleme mit den Hausaufgaben: bei ADS/ADHS fast schon normal
Die meisten Kinder mit dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit und ohne Hyperaktivität (ADS bzw. ADHS) stehen mit Hausaufgaben auf Kriegsfuß: Sie drücken sich, verschieben das Hausaufgabenmachen auf später, stehen ständig wieder auf oder setzen sich erst gar nicht. Es fällt ihnen schwer, einen Anfang zu finden und dann bei der Sache zu bleiben. So können Eltern helfen:
1. Hilfe anbieten
Kinder mit ADS/ADHS brauchen Hilfe beim Lernen. Viele können ihre Hausaufgaben lange Zeit nicht alleine machen. Auch die Vorbereitung auf Klassenarbeiten bereitet aufmerksamkeitsgestörten und hyperaktiven Kindern Schwierigkeiten. Bieten Sie Ihrem Kind Hilfe an oder überlegen Sie, wer diese Aufgabe übernehmen könnte.
2. Kontrollieren – ohne dem Kind zu viel abzunehmen
Da Kinder mit ADS/ADHS sehr vergesslich sind, können sie sich häufig nicht an die Hausaufgaben erinnern. Lassen Sie Ihr Kind daher täglich in das Hausaufgabenheft schauen. Wenn keines vorhanden ist und Sie Grund zur Annahme haben, dass doch Hausaufgaben zu erledigen sind, sollte Ihr Kind Klassenkameraden anrufen und nachfragen. Fördern Sie die Selbstständigkeit Ihres Kindes. Lassen Sie es selbst auf Ideen kommen. Sonst bleibt Ihr Kind auch in Zukunft von Ihrer Hilfe abhängig.
3. Ablenkungen minimieren
Hängen Sie vor Beginn der Hausaufgabenzeit ein „Bitte nicht läuten!“-Schild an die Haustür und stellen Sie das Telefon ab. Spielzeug und andere Dinge, die Ihr Kind von den Hausaufgaben abbringen könnten, sollten Sie wegräumen. Auch ein Platz am Fenster ist ungünstig, wenn der Blick auf eine belebte Straße oder einen Spielplatz fällt. Jüngere Geschwister sollten sich nach Möglichkeit nicht in der Nähe aufhalten. Manche Kinder mit ADS/ADHS stört selbst ein lärmender Wellensittich oder eine Schreibunterlage mit wilden Mustern. Schalten Sie Störquellen konsequent aus.
4. „Hausaufgaben-Kurve“
Lassen Sie Ihr Kind mit einer leichten Aufgabe beginnen, lassen Sie dann ggf. eine schwierigere folgen und setzen Sie eine weitere leichte Aufgabe an den Schluss. So geht das Kind mit einem guten Gefühl aus der Hausaufgabensituation heraus.
5. Starthilfe geben
Ihr Kind muss genau wissen, was von ihm erwartet wird. Lassen Sie die Aufgabenstellung laut vorlesen und mit eigenen Worten wiedergeben. Häufig können Kinder mit ADS/ADHS Aufgaben nicht lösen, weil sie zur Antwort schreiten, bevor sie die Frage verstanden haben. Die meisten ADS-Kinder sind visuelle Lerner. Stellen Sie Probleme anschaulich dar. So kann sich Ihr Kind die Aufgabe besser vorstellen, den Sinn begreifen und zu einer Lösung kommen.
6. Liebevoller Druck
Viele Kinder mit ADS/ADHS benötigen für die Hausaufgaben eine gewisse Anlaufzeit. Liebevoller Druck ist die beste Starthilfe. Verzichten Sie auf Bitten, Drohen oder Schimpfen, denn das führt bei den meisten Kindern zur totalen Verweigerung. Tun Sie so, als wäre das Hausaufgabenmachen vollkommen selbstverständlich. Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen ein.
7. Belohnungen
Kinder mit ADS/ADHS haben ein kleines Zeitfenster. Sie leben für den Moment. Das Androhen von Strafen, aber auch das Locken mit langfristigen Belohnungen, ist daher wenig sinnvoll. Beides wird schnell wieder vergessen. Besser ist es, wenn Sie Ihrem Kind zu Beginn der Hausaufgaben und gelegentlich auch einmal zwischendurch eine kleine Überraschung geben. Attraktive Reize stimulieren das Frontalhirn und machen Ihr Kind aufnahmebereiter.
8. Aus großen Aufgaben kleine machen
Unterteilen Sie umfangreiche Aufgaben in kleinere Einheiten. Zwei Gleichungen sind motivierender als zehn Gleichungen. Zwischen den Einheiten sollte Zeit für Bewegung oder eine kleine Belohnung sein. Wichtig: Pausen dürfen nicht ausufern! Legen Sie vor der Pause fest, wann weitergearbeitet wird. Ein akustisches Signal (z.B. ein Kurzzeitwecker) kann helfen. Die Päckchen allmählich größer werden lassen!
9. Fester Zeitpunkt
Hausaufgaben sollten grundsätzlich an dem Tag gemacht werden, an dem sie aufgegeben wurden. Legen Sie mit Ihrem Kind einen Zeitpunkt für die Erledigung der Hausaufgaben fest. Erstellen Sie ggf. einen Wochenplan und setzen Sie ihn konsequent um.
10. Der richtige Ort für die Hausaufgaben
Viele Kinder wollen ihre Hausaufgaben nicht alleine in ihrem Zimmer machen. Das sollten sie akzeptieren. Lassen Sie Ihr Kind in diesem Fall in Ihrer Nähe lernen. Das hat den Vorteil, dass sie es schneller in das Hier und Jetzt zurückholen können, wenn es abgelenkt ist.
11. Bewegung zulassen
Insbesondere für stark hyperaktive Kinder ist das Sitzen eine Qual. Lassen Sie Ihr Kind immer nur 20 Minuten am Stück lernen. Dann muss es sich wieder bewegen dürfen. Manchen Kindern hilft es, wenn sie während des Lernens im Zimmer umhergehen und/oder Kaugummi kauen.
12. Musik beim Lernen
Viele Kinder mit ADS/ADHS berichten, dass sie mit Musik besser lernen können und aufnahmefähiger sind. Manche bevorzugen dabei leise Töne; andere sind mehr für die harten Klänge. Nehmen Sie beides hin. Wenn die Ergebnisse stimmen, ist nichts gegen Musik beim Lernen einzuwenden.
13. Loben
Schauen Sie regelmäßig nach dem Rechten. Loben und ermutigen Sie Ihr Kind, auch den Rest der Hausaufgaben zu erledigen. Loben Sie Ihr Kind nicht nur für seine Erfolge, sondern auch für seine Bemühungen. Kritisieren Sie Ihr Kind nicht, wenn es Fehler macht oder wenn etwas zu langsam geht. Sagen Sie nicht „na endlich“ oder „wurde auch langsam Zeit“, wenn eine Aufgabe gelöst ist, sondern zeigen Sie echte Freude.
14. Protest möglichst ignorieren
Quengeleien und Ablenkungsmanöver wird es immer wieder geben. Auch kann es passieren, dass Ihr Kind Sie mit bestimmten Fragen, einer betont schlechten Haltung oder lustlosen Krakeleien zu provozieren versucht. Bei konsequenter Nichtbeachtung werden diese Verhaltensweisen zunächst intensiver, dann aber immer seltener. Wenn Sie sich nicht aus der Reserve locken lassen, kann es zu einer Löschung des Problemverhaltens kommen: Ihr Kind merkt, dass es damit nichts erreicht und lässt es bleiben.
15. Rituale
Kinder lieben Rituale – Kinder mit ADS/ADHS brauchen sie. Geben Sie dem Hausaufgabenmachen einen festen Rahmen: gleiche Uhrzeit, gleicher Ort. Manche Eltern lassen ihre Kinder am Anfang der Hausaufgaben eine Kerze anzünden; andere haben einen Talisman in der Hosentasche. Es beruhigt diese Kinder, wenn Dinge immer nach dem gleichen Schema ablaufen.
16. Lernpartner finden
Gibt es vielleicht ein Kind in der Klasse, das mit ihrem Kind die Hausaufgaben machen könnte? Laden Sie es ein und schauen Sie, was passiert. Das Lernen mit einem Freund oder einer Freundin kann die Motivation erheblich steigern.
17. Ordnung schaffen lassen
Der Schreibtisch des Kindes muss aufgeräumt und übersichtlich sein. Jedes Schulfach, die dazugehörigen Hefte und Bucheinschläge, bekommt eine eigene Farbe. Richten Sie für jedes Fach eine Ablage in der entsprechenden Farbe ein, damit Ihr Kind möglichst wenig Zeit mit Suchen verbringt. Der Schulranzen sollte gleich nach Abschluss der Hausaufgaben für den nächsten Schultag gepackt werden.
18. Interesse zeigen und das Kind ermutigen
Kinder brauchen Lob, Anerkennung und eine ermutigende Haltung. Helfen Sie Ihrem Kind, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln. Sorgen Sie für regelmäßige Erfolgserlebnisse. Achten Sie verstärkt auf das, was Ihr Kind gut macht und nennen Sie es beim Namen. Gehen Sie fest davon aus, dass Ihr Kind erfolgreich sein wird, wenn es am Ball bleibt.
19. Verständnis haben
Bei Kindern mit ADS/ADHS läuft es an manchen Tagen besser mit der Konzentration und der Selbststeuerung und an anderen Tagen deutlich schlechter. Was das Kind heute zu können scheint, hat es morgen vielleicht schon wieder vergessen. Akzeptieren Sie die Leistungsschwankungen Ihres Kindes. Machen Sie ihm keine Vorhaltungen und unterstellen Sie keinen schlechten Willen („Du könntest, wenn du nur wolltest!“).
20. Das Gespräch mit der Lehrerin suchen
Wenn Sie das Gefühl haben, dass der Umfang der Hausaufgaben zu viel für Ihr Kind ist, sollten Sie das Gespräch mit der Lehrerin bzw. dem Lehrer suchen. Vielleicht können Sie sich darauf verständigen, dass Ihr Kind maximal eine Stunde am Tag Hausaufgaben macht. Viele Lehrer/innen sind zu Sonderlösungen bereit, wenn man Sie nett darauf anspricht.