Vorurteilen keine Chance geben
Versuchen Sie, allen Kindern möglichst unvoreingenommen zu begegnen. Manche Lehrer/innen lesen Schülerakten erst, nachdem sie die Kinder kennen gelernt haben. Eine gute Idee, wie ich meine, denn der schlechte Ruf eilt manchen Kindern voraus. Sie haben dann kaum noch Chancen, eine ihnen zugewiesene Rolle wieder los zu werden. Es ist leicht, die negativen Erwartungen der Umwelt zu erfüllen, aber schwer aus einer Schublade wieder herauszukommen.
Nichts persönlich nehmen
Wenn sich ein Kind daneben benimmt, kann es in diesem Moment nicht anders. Alternative Verhaltensweisen hat es noch nicht gelernt. Meist leiden die Kinder selbst am meisten. Dieses Wissen kann helfen, die Beziehung zu den Kindern zu entspannen.
Medizinische Ursachen ausschließen
Manchmal haben Verhaltensauffälligkeiten organische Ursachen, z.B. Wahrnehmungsstörungen. Ist das Hör- und Sehvermögen des Kindes getestet worden? Liegen andere medizinische Ursachen vor? Ist das Kind schulreif? Ist ein Intelligenztest durchgeführt worden? Minderbegabung und Hochbegabung können dazu führen, dass ein Kind den Unterricht stört und nicht die Leistungen zeigt, die von ihm erwartet werden. Empfehlen Sie den Eltern im Zweifelfall den Gang zum Kinderarzt und das Aufsuchen eines Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ). Hier finden Sie Adressen.
Verträge und Belohnungspläne
Sie können mit einzelnen Kindern Abmachungen treffen, am besten geheim, denn Sonderbehandlungen könnten Unruhe in der Klasse stiften. Greifen Sie zunächst nur eine Verhaltensweise heraus, die Ihnen besonders wichtig ist, z.B. das Melden vor dem Sprechen. Wenn sich das Kind immer gemeldet hat, bekommt es einen großen sternförmigen Aufkleber (2 Punkte) ins Aufgabenheft. Wenn es das Melden nur einmal vergessen hat, bekommt es einen kleinen Stern (1 Punkt). Wenn es öfter in die Klasse gerufen hat, bekommt es keinen Aufkleber. Am Ende der Woche bekommt das Kind von seinen Eltern für diese Punkte eine vorher festgelegte Belohnung, z.B. einen Kinobesuch für 8-10 Punkte, eine Radtour für 5-7 Punkte, ein Mittagessen nach Wunsch für 3-4 Punkte, „nur“ ein Lob für 1-2 Punkte. Geben Sie dem Kind vor der Sternchenvergabe Gelegenheit, sein Verhalten selbst einzuschätzen: Würde es sich selbst einen Stern geben?
Das Kind in das Hier und Jetzt holen
Kinder mit ADS-Symptomen sollten in der Nähe der Lehrkraft sitzen, am besten schräg, damit sie sich nicht ständig umdrehen. Diese Kinder müssen sich beobachtet und beachtet fühlen, sonst neigen sie dazu, sich treiben zu lassen. Sie können diese Kinder durch Augenkontakt oder eine leichte Berührung „zurückholen“, d.h. Tagträume oder Anstalten zum Faxenmachen beenden. Diese Kontaktaufnahmen ermuntern auch dazu, sich am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen. Geheimzeichen können ein Weg sein, einzelne Kinder an Abmachungen zu erinnern.
Keine Bloßstellungen
Auch, wenn der Ärger groß ist: Bloßstellungen und Zynismus sollten Sie sich verkneifen. Geben Sie den Kinder ein gutes Beispiel. Schreiten Sie ein, wenn einzelne Kinder ausgelacht werden. Bloßstellungen und hämisches Lachen können großen Schaden an der kindlichen Psyche anrichten.
Qualität geht vor Quantität
Achten Sie auf die Qualität der Hausaufgaben und nicht auf die Quantität. ADS-Kinder brauchen einen reduzierten Umfang. Ausdauer und Aufnahmefähigkeit sind begrenzt. Besser, das Kind lernt weniger, als dass es überfordert wird und eine Abneigung gegen Hausaufgaben und das Lernen an sich entwickelt. Hat das Kind Schwierigkeiten mit der Feinmotorik, sollten Sie Computerausdrucke akzeptieren.
Komplexe Aufgaben unterteilen
Vielen Kinder ist geholfen, wenn Sie umfangreiche Aufgaben in kleine, überschaubare Aufgaben unterteilen. Komplexe Aufgaben können Kinder mit einem schwachen Selbstbewusstsein regelrecht erschlagen. Mit einem resignierten „Das kann ich nicht!“ beginnen sie erst gar nicht mit der Arbeit.
Lob und Ermutigung
Erwünschtes Verhalten sollte so oft wie möglich und möglichst unmittelbar positiv verstärkt werden. Loben Sie das Kind aber nicht nur für Erfolge, sondern auch für seine Bemühungen. Kinder, die häufig Misserfolge erleben, benötigen Anerkennung nötiger als Kinder, denen alles zufliegt. Stärken Sie das Selbstwertgefühl, indem Sie Ihre Freude über positives Verhalten deutlich machen – durch ein Lächeln, ein Schulterklopfen, ein angenehmes Gespräch unter vier Augen.
Positive Fähigkeiten registrieren
An manchen Kindern ist es nicht leicht, Positives zu entdecken. Egal – für den Anfang müssen Sie sich mit Kleinigkeiten zufrieden geben. Führen Sie Tagebuch. Schreiben Sie auf, welche positiven Eigenschaften Ihnen bei Schülern mit besonderen Schwierigkeiten auffallen. Das Niederschreiben und das gelegentliche Lesen Ihrer Aufzeichnungen wird Ihnen helfen, positive Gefühle für diese Kinder zu entwickeln.
Regeln aufstellen
Stellen Sie Regeln möglichst gemeinsam mit allen Schülern auf. Jeder darf Klagen hervorbringen und Lösungen vorschlagen. So können die Kinder Kommunikations- und Problemlösekompetenzen erlernen. Einigen Sie sich auf einige wenige, aber wichtige Regeln, mit denen alle leben können. Schreiben Sie diese Regeln auf ein Wandplakat und achten Sie auf eine positive Formulierung: „Wir melden uns, wenn wir etwas sagen wollen“ statt „Wir rufen nicht in die Klasse“. Geben Sie bei Regelübertretungen eine Vorwarnung. Erinnern Sie das Kind an die Regel, am besten ohne viele Worte, indem Sie auf das Plakat zeigen. Heben Sie sich Schreien für den Notfall auf. Eine leise, feste Stimme macht mehr Eindruck!
Großzügig sein
Kritisieren Sie nicht an Kleinigkeiten herum. Solange Sie oder die Klassenkameraden nicht übermäßig unter störendem Verhalten leiden, ist Ignorieren effektiver als ständiges Ermahnen. Drücken Sie ab und zu ein Auge zu, wenn sich das Kind sehr bemüht hat.
Auszeit
Benimmt sich ein Kind völlig daneben, sollten Sie ihm das Publikum nehmen. Das erreichen Sie, indem Sie dem Kind eine Auszeit verordnen. Geben Sie dem Kind vorher zwei Verwarnungen („gelbe Karten“) und schicken oder führen Sie es dann möglichst unaufgeregt vor die Tür. Schauen Sie nach einigen Minuten nach ihm. Hat es sich beruhigt, kann es sich wieder auf seinen Stuhl setzen. Fahren Sie fort, als wäre nichts gewesen. Auszeiten vor der Klassentür dürfen nur Kinder bekommen, die nicht fortlaufen; die anderen müssen ins Sekretariat oder an einen anderen beaufsichtigten Ort.
Bewegungsdrang kanalisieren
Manche hyperaktive Kinder bitten regelrecht um eine Auszeit oder geben ständig vor, auf die Toilette zu müssen. Damit sie nicht zu viel Unterricht versäumen, können diese Kinder zwei Stühle im Klassenraum nutzen, einen in der linken Ecke und einen in der rechten Ecke. So haben sie ein Ziel und laufen nicht durch den gesamten Klassenraum, was viele Lehrer als weitaus störender empfinden. In manchen Schulen gibt es Sitzbälle, die unruhigen Kindern eine große Hilfe sein können. Nutzen Sie sie oder setzen Sie sich für deren Anschaffung ein. Kleine Hilfsdienste (Tafelputzen, Blumengießen) lenken das starke Bewegungsbedürfnis in sinnvolle Bahnen und stärken das Selbstwertgefühl. Bauen Sie Entspannungs- und Lockerungsübungen in den Unterricht ein. Davon profitieren alle Kinder!
Zusammenarbeit mit den Eltern
Halten Sie regelmäßig Kontakt zu den Eltern. Sprechen Sie nicht nur Probleme und negative Seiten des Kindes an. Klagen über das Verhalten des Kindes im Unterricht und auf dem Pausenhof sollten Sie nicht an die Eltern richten. Diese fühlen sich womöglich verpflichtet, das Kind für Vergehen in der Schule zu Hause zu bestrafen. Zeitversetzte Strafen haben jedoch keine positiven Auswirkungen: Der Streit aus der Schule wird in die Familie getragen und belastet die Eltern-Kind-Beziehung. Eltern können an der Situation in der Schule nichts ändern. Ermahnungen, die Mütter am Frühstückstisch äußern, haben Kinder bereits vor Eintritt ins Klassenzimmer vergessen. Suchen Sie nicht nach Schuldigen. Machen Sie lieber Hilfsangebote!
Hilfe und Austausch suchen
Welche Erfahrungen haben andere Lehrer gemacht? In welchen Situationen ist der Schüler besonders aufgefallen? Welche Maßnahmen wurden mit welchem Erfolg ausprobiert? Was wurde bisher mit den Eltern vereinbart? Schöpfen Sie alle Möglichkeiten aus, die bei der Bewältigung der Probleme helfen können. Die Kooperation mit Erziehungsberatungsstellen, Jugendämtern, Ärzten, Kliniken und Therapeuten erfordert das schriftliche Einverständnis der Eltern. Fallbesprechungs- und Supervisionsgruppen bieten Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit belastenden Situationen. Fortbildungen zum Thema ADS („Lehrertrainings“) können eine gute Grundlage für eine bessere Entwicklung sein.